Der Gehörgang ist der direkte Weg zum Herzen. Hören ist unmittelbar und unverstellt.
Und jeder Mensch hat eine Geschichte. Dokumentarisches Tonmaterial
übt diesen besonderen Reiz auf mich aus. Ich höre gerne zu und sammle die
Töne so vorsichtig ein, als seien es Schmetterlinge. Meist sind es Themen, die auf
mich zukommen und bei denen es um die Infragestellung des gesellschaftlichen
Konsens geht, um die Rolle der Geschlechter, und um Befreiungsversuche. In der
Komposition des Tonmaterials ist es die Klarheit und Direktheit der Nachrichtensprache,
von der ich geleitet werde. Das Mikrofon setze ich in seiner ursprünglichen
Funktion ein: es macht das Leise laut, das Überhörte hörbar.
Tobi Möhring
Idee, Schweißkunst
Meine Arbeit mit dem Menschen ist einerseits Kontrast zu meiner künstlerischen
Arbeit mit Metall. Andererseits empfinde ich den gedanklichen Austausch mit
meinen Patienten für meine Auseinandersetzung mit Gesellschaft befruchtend.
Meine Wahrnehmungen in der Physiotherapie über Anatomie und Bewegungsabläufe
fließen unmittelbar in den Bau meiner Skulpturen ein. An der Arbeit
mit Stahl reizt mich besonders, dem harten Metall einen spielerischen, leichten
Ausdruck zu geben. Ich bearbeite damit meine Themen: die sexuelle Identität,
den Machtkampf der Geschlechter, den Verlust an Lebensraum durch anhaltende
Verdrängung und Umstrukturierung.